“Wenn’s jetzt vorbei ist – dann ist das auch okay”
Im Interview: Alle Farben. Wir haben mit dem DJ über seinen Unfall Anfang des Jahres gesprochen, die Zeit danach und seinen neuen Blick aufs Leben.
Im Interview: Alle Farben. Wir haben mit dem DJ über seinen Unfall Anfang des Jahres gesprochen, die Zeit danach und seinen neuen Blick aufs Leben.
Zu Beginn des Jahres wurde es still um einen der erfolgreichsten Berliner Techno-Pop-DJs – Alle Farben. Nach Wochen richtet sich Frans Zimmer, wie Alle Farben mit bürgerlichem Namen heißt, via Instagram an seine Fans: Er liegt in einem Krankenhausbett und erzählt von einem schweren Unfall. “Es fällt mir unglaublich schwer, dies zu teilen”, schreibt der DJ in der Caption. “Ich hatte einen schweren Unfall, der mein Leben [...] völlig auf den Kopf gestellt hat.” Im Video sieht man mehrere Ausschnitte aus seiner Zeit im Krankenhaus, wie er am Beatmungsgerät hängt und wie er laufen lernt. Er bedankt sich bei den Ärzt:innen, dem Pflegepersonal und seinem Schutzengel. Nach mehreren Operationen, Wochen im Krankenhaus, intensive Reha sitzt er heute wieder hier – aufrecht, reflektiert, mit einem Lächeln im Gesicht.
S: Wann genau war der Unfall?
F: Am 21. Januar. Ich feiere da jetzt definitiv meinen zweiten Geburtstag. Es war sehr knapp – ich kann wirklich glücklich sein, dass ich jetzt hier sitzen und mit dir reden kann.
S: Wie geht es dir – körperlich, aber auch mental?
F: Zum Glück wieder ziemlich gut. Ganz raus bin ich natürlich noch nicht – dafür ist es einfach noch nicht lange genug her. Manchmal will man mehr, als gerade geht. Aber wenn ich mir überlege, wie schnell es vorangeht und was die Ärzte und die Physios sagen – Wahnsinn. Die meinen alle, es sei unglaublich, wie fit ich schon wieder bin. Und das Wichtigste für mich: Laut den Ärzten werde ich keine bleibenden Schäden davontragen. Das lässt mich echt lächeln.
S: Wie hast du die Zeit direkt nach dem Unfall erlebt?
F: Die ersten Wochen im Krankenhaus sind eher verschwommen – da habe ich eine Art Filmriss. Ich denke, das ist einfach ein Schutzmechanismus vom Körper. Dann kam ich zurück nach Deutschland und bin erstmal in ein kleines Loch gefallen. Ganz ehrlich: Das Krankenhaus in Thailand war besser als das hier. Aber sobald ich wieder draußen war, ging’s bergauf. Ich habe, glaube ich, zwei Wochen nach der Entlassung schon mit richtig belastender Physio angefangen – das ist schon crazy. Das war nicht mal zwei Monate nach dem Unfall aber das hat mir auf jeden Fall auch den Kopf gerettet. Dass ich wieder etwas tun konnte.
S: Es war wirklich knapp, oder?
F: Definitiv. Die Wahrscheinlichkeit war größer, dass ich es nicht überlebe. Das ist schon verrückt. Ich mache drei Kreuze im Kalender – und ich will meinen Geburtstag künftig genau dort feiern, wo der Unfall war. Am 21. Januar. Ich habe eh meinen 40. dieses Jahr – und jetzt plane ich, mit Freunden genau an diesem Ort in Thailand eine Woche zu verbringen. Um diesen Tag zu feiern, an dem ich noch mal neu anfangen durfte.
S: Gibt es Dinge, die du seitdem ändern willst?
F: Ich lebe ja schon lange meine Träume – und gerade, was das Touren oder Festivals betrifft, denke ich mir jetzt erst recht: Machen, solange es geht! Ich will gar nicht viel ändern.
S: Gab es einen Moment, in dem dir etwas klar geworden ist?
F: Ja, anfangs auf jeden Fall. Ich habe das Leben noch mal anders zelebriert. Ich dachte: Geil, zweite Chance! Ich habe jeden Moment genossen – den ersten Kaffee, den ersten Sonnenstrahl, alles war so intensiv. Aber das vergeht dann irgendwann. Wenn die Anfangseuphorie nachlässt und der Alltag wiederkommt, wird das Mindset auch wieder etwas normaler. Leider schneller, als ich gedacht hätte.
S: Gab es Dinge, bei denen du dachtest: 'Das hätte ich anders machen sollen'?
F: Nein, gar nicht. Ich habe über mein Leben nachgedacht und mir gesagt: Es war geil. Es läuft nichts grundlegend falsch. Ich hatte zwei Operationen, bei denen es unklar war, ob ich wieder aufwache. Und in dem Moment habe ich wirklich gedacht: Wenn’s jetzt vorbei ist – dann ist das auch okay. Ich hatte ein gutes Leben.
S: Das ist wahrscheinlich das Schönste, was man über sein Leben sagen kann.
F: Ja, das denke ich auch. In dem Moment war ich fast schon abgeklärt – aber rückblickend bin ich einfach nur froh, dass ich so denken konnte.