Axxon N.
Axxon N.

“Image des unerreichbaren, dunklen Technoclubs aufbrechen!"

Mitten im Kohlrabizirkus hat Leipzig einen neuen Club – und Kulturort – gewonnen: Axxon N. Im Interview erzählt Mitgründer Lukas Pulkert, was der neue Club zu bieten hat.

Ein neuer Club in Leipzig – an dem Ort wo vor kurzem die Türen des bekannte Institut für Zukunft (IfZ) schließen mussten. Der Grund so häufig “ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten”. Was wie ein Wagnis klingt, ist im Fall von Axxon N. ein bewusstes Statement. Die Betreiber:innen um Lucas Pulkert haben sich dazu entschieden, einen Raum nicht nur für Techno, sondern für Kunst, Kollektive und Community zu schaffen. Im historischen Kohlrabizirkus soll nicht einfach nur gefeiert, sondern auch ausgestellt, diskutiert und gestaltet werden. Dabei steht das Projekt für gelebte Clubkultur – mit klaren Werten, einem ausgearbeiteten Awareness-Konzept und dem Ziel, marginalisierten Gruppen Raum zu geben. Im Gespräch erzählt Lukas, wie es zur Eröffnung kam, was hinter dem Konzept steckt und wie das Axxon N. in Leipzig Fuß fasst.

Axxon N.
Axxon N.

J: An einem Ort, an dem kurz zuvor ein Club gestorben ist, habt ihr euch entschieden, einen neuen zu eröffnen – Wie kam es dazu?

L: Ehrlich gesagt hatte niemand aus unserem Team konkret vor, 2025 einen Club zu eröffnen. Es war eher so, dass wir mitbekommen haben, dass ein wichtiger Kultur- und Clubspace in Leipzig schließen soll – und das fanden wir richtig schade. Wir haben ein paar Connections nach Leipzig und gleichzeitig mitbekommen, dass viele lokale Akteure daran interessiert sind, diesen besonderen Space im Kohlrabizirkus zu erhalten. Auch die Stadt Leipzig hat sich uns gegenüber sehr positiv und unterstützend gezeigt. Sie haben klar gesagt, dass Clubkultur in Leipzig Teil des Stadtlebens gesehen wird. So hat sich bei uns der Gedanke geformt, diesen Raum zu sichern – für marginalisierte Gruppen, für die Clubszene, für Menschen, die einfach mal dem Alltag entfliehen wollen.

J: Was für ein Konzept steckt hinter dem neuen Club Axxon N.?

L: Unser Ziel ist es, diesen Raum zu erhalten und so möglichst vielen Akteur:innen zugänglich zu machen. Leipzig hat eine unglaublich vielfältige Szene – viele verschiedene Kollektive, diverse Musikrichtungen. Das möchten wir abbilden. Deshalb sind wir freitags eher genre-fluid unterwegs, solange es sich im weitesten Sinne im Bereich der elektronischen Musik bewegt. Samstags setzen wir dann auf ein kuratiertes Techno-Lineup. Zusätzlich gibt es donnerstags kulturelle Formate wie Ausstellungen oder Barabende, mittwochs eventuell auch Konzerte. Wir wollen den Raum also interdisziplinär nutzen.

J: Ist der Schlüssel zum Erfolg einen Kulturort zu schaffen, anstatt eines einfachen Clubs? 

L: Wir sehen einfach das Potenzial dieses Raumes. Es wäre schade, wenn er nur freitag- und samstagnachts genutzt wird und unter der Woche leer steht. Warum sollte man den nicht nutzen? Solange es umsetzbar ist und die Formate in den Bereich Kultur und Clubkultur einzahlen? Leipzig hat wie gesagt eine starke Szene, was Performance- und Kunst angeht. Wir wollen diesen Ort auch für diese Ausdrucksformen zugänglich machen – und dabei gleichzeitig ein bisschen das Image des „unerreichbaren, dunklen Technoclubs“ aufbrechen, ohne die Club-Atmosphäre zu verlieren.

J: Sprecht ihr damit nicht ein sehr breites Publikum an? Wer kommt denn da?

L: Unser Wunsch ist es, eine coole Community zu schaffen, die offen für unterschiedliche Formate ist – also Menschen, die sich eine Kunstausstellung anschauen und am Wochenende zur Clubnacht kommen. Bisher, in unseren ersten Wochen, haben wir schon sehr unterschiedliche Zielgruppen begrüßen dürfen: von jung bis älter, alle waren sehr sweet und respektvoll. Grundsätzlich verschreiben wir uns den Werten der Clubkultur: Jeder Mensch ist gleich, kein Rassismus, keine Homophobie, keine Transfeindlichkeit. Solange sich alle darauf einigen können, können wir hier gemeinsam viel schaffen.

J: Wie kommt das Ganze denn bis jetzt an?

L: Bis jetzt ist das Feedback durchweg positiv. Ich glaube, die Leute nehmen es an. Es ist wirklich schön zu sehen, was für unterschiedliche Crowds wir haben – alle sehr positiv, sehr divers, sehr sweet. Wir merken einfach, dass Leipzig solche Räume braucht.

J: Und wie macht ihr euren Club zum Safer Space?

L: Wir arbeiten mit einem festen Awareness-Team, das bei jeder Veranstaltung präsent ist. Dieses Team entwickelt kontinuierlich an ihrem Konzept. Wir wollen in erster Linie für die Gäste in der Nacht da sein. Uns ist bewusst, dass ein Club ein Ort sein kann, an dem Menschen vulnerable sind, an dem es auch um Kontrollverlust geht. Gerade deshalb wollen wir eine Raum schaffen, in dem sich alle frei bewegen und sich sicher fühlen können.

J: Jetzt hört man ja immer wieder von der Krise, in der die Clubkultur steckt – wie gelingt euch in dieser Zeit ein solcher Erfolg? 

L: Ganz ehrlich – wir wissen auch noch nicht, ob es langfristig funktionieren wird. Die Kosten steigen in allen Bereichen. Deshalb wollen wir uns darauf besinnen, was Clubkultur im Kern bedeutet. Für uns geht es darum, Räume zu schaffen, in denen sich Menschen ausdrücken und sicher fühlen können. Wir wollen aber auch in Bereiche vorstoßen, in denen wir neue Wege gehen können. In der Umsetzung versuchen wir, strukturell effizient zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel auf ein Cashless-System umgestellt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, Prepaid-Karten zu kaufen, für Menschen, die vielleicht kein Bankkonto haben – wir wollen niemand ausschließen. Die Unterstützung der Stadt hilft uns sehr, aber unser Anspruch ist es, langfristig auch ohne Unterstützung zu bestehen. 

J: Welche Unterstützung bekommt ihr von der Stadt?

L: Wir erhalten Unterstützung aus verschiedenen Richtungen: von der Wirtschaftsförderung bis zur Vermieterseite. Unser Vermieter ist nicht die Stadt selbst, sondern eine Immobiliengesellschaft, sie ist aber eine städtische Tochtergesellschaft – das heißt, die haben schon Interesse, dass wir Miete zahlen. Was ich persönlich beobachte, ist das grundsätzliche Wohlwollen, das wir bekommen. Solange die Bedürfnisse auf allen Seiten erfüllt werden, unterstützt man uns in dem, was wir tun. Das ist nicht selbstverständlich und sehr ermutigend.

J: Und wie geht es weiter mit Axxon N.?

L: Wir haben wie gesagt jetzt freitags und samstags regulär geöffnet und seit Ende Mai ist auch unser Außenbereich geöffnet. Wir wollen einen entspannten Sommer haben und unser wöchentliches Programm weiter ausbauen – auch unter der Woche. 

Von Johannah Hainke