Kleider machen Leute – Wie sich Feiermode verändert hat
Früher bunt und glitzernd, heute dunkel und funktional: Welche Styles 2025 dominieren und was das alles über uns verrät, lest ihr hier.
Früher bunt und glitzernd, heute dunkel und funktional: Welche Styles 2025 dominieren und was das alles über uns verrät, lest ihr hier.
Wie wichtig die Festival Kultur ist, zeigt eine aktuelle Studie der Bundesstiftung Livekultur, die wertvolle Erkenntnisse über die soziale, kulturelle und ökonomische Bedeutung von Festivals liefert. Sie macht deutlich, warum Outfit, Musik, Setting und Community so eng miteinander verwoben sind: "Musikfestivals sind unverzichtbarer Bestandteil der Kulturlandschaft Deutschlands. Für viele sind sie Orte der Identitätsfindung, für Newcomer:innen prägende erste Bühnen und wichtige Wirtschaftstreiber für ganze Regionen. Sie schaffen Orte für Begegnungen und soziale Interaktionen und ermöglichen damit kulturelle Vielfalt und Diskursräume." So wie bei der Musik, gibt es auch Unterschiede in den Atmosphären auf Festivals, beispielsweise gibt es Festivals, wie das Coachella, auf denen Besucher:innen häufiger posieren, anstatt zu tanzen. "Teilweise macht man nur ein Foto und geht dann zur nächsten Location – richtig Tanzen ist hier seltener geworden", schildert eine Besucherin des "See You Techno Festivals" in Freiburg. So bieten mittlerweile immer mehr Festivals Fotowände, Polaroid-Kameras, Make-up-Stationen und Vintage-Stände an, die eine eigene Erlebniswelt schaffen. Wer das perfekte Outfit noch nicht hat, kann es sich dort kaufen – oder direkt stylen lassen.
Eine explosive Mischung aus Gothic, Techwear und Y2K-Designs.
Feier-Outfit sind inzwischen mindestens so wichtig wie die Musik. 2010 war klar: Wer feiern geht, trägt bunt, knallig, glitzernd. Ohne Glitzer im Gesicht, Batik Kleidung und neon Farben war man nicht "im Game". Was hat sich über 10 Jahre später verändert? Laut einer britischen Umfrage von Better Waste Solutions aus 2023 verzichten 74 % der Festivalbesucher:innen bewusst auf Glitzer – und über die Hälfte der Befragten kaufen keine neuen Outfits mehr, sondern setzen auf Second-Hand Mode. Auch gesetzlich hat sich was getan: Seit Oktober 2023 ist loser Glitzer als Mikroplastik in der EU verboten – biologisch abbaubarer hingegen liegt im Trend.
In diesem Jahr geht der Style in eine ganz neue Richtung: Scrollen wir durch unsere "For You" Page sehen wir selten Glitzer und bunte Partykleidung, sondern Nutzer:innen und Influencer:innen die schwarzen Sonnenbrillen, Baggies, Plateau-Schuhe und Gürtelgeschirr tragen. Diese geteilte Ästhetik der Festival- und Feiermode ist Teil eines Marktes geworden, der sich ähnlich schnell entwickelt wie die Modeindustrie. So ist die Rave-Ästhetik düsterer, funktionaler, genderneutral geworden und sie funktioniert auch abseits des Dancefloors. So sieht man in Berlin immer mehr Menschen, die mit Raver Klamotten und Festival Outfits auf den Straßen unterwegs sind – Streetwear, High Fashion und Techwear verschmelzen.
Laut aktuellen Fashion-Blogs dominieren Cut-Outs, Netzstoffe, LED-Details und recycelte Materialien. Ein Berliner Modelabel, das sich auf Raver Fashion spezialisiert hat, beschreibt die aktuellen Raver Outfits als "explosive Mischung aus Gothic, Techwear und Y2K-Designs". Ihre Beobachtung: Rave Fashion 2025 ist nicht mehr klar einer Subkultur zuzuordnen, sondern vereint Einflüsse aus verschiedenen Stilwelten und darf von allen getragen werden, ob Raver oder nicht. Auffällig dabei: Viele der Looks sind bewusst unisex. Jede:r soll sich frei ausdrücken können. Für viele sind diese Rave Outfits Ausdruck der Electronic Music Culture und ihrer Werte. Die Verschmelzung von Funktionalität und Ästhetik, die Betonung von Inklusivität und die Abkehr von oberflächlichen Trends hin zu nachhaltigen, hochwertigen Pieces prägen die Szene.
"Kleider machen Leute" – der Titel aus der berühmten Novelle von Gottfried Keller trifft den Kern: Ein Outfit ist nicht nur ein Statement und ein Symbol fürs Feiern, es ist zugleich eine Leinwand für den persönlichen Stil. Es vermittelt ein Freiheitsgefühl, da man aus der alltäglichen Routine und zugeschriebenen Rollen ausbricht. Festivals sind Spielplätze für Identität, Style und Selbstbewusstsein: Liegt das Festival mitten in der Arbeitswoche, hilft die Kleidung, in einen anderen Modus, in ein ausgelassenes Festival-Feeling zu wechseln. Das Feieroutfit ist demnach Teil eines Rituals, das die Party einleitet – nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Machen wir uns also vor dem Feiern Gedanken über unser Outfit, so bereiten wir uns immer auch mental vor, wie wir auf diesem auftreten und uns fühlen wollen. Ob Glitzer, Plateau oder Baggie Jeans, am Ende zählt nur: Wer sich wohlfühlt, feiert besser – und genau darum geht’s. Viel Spaß auf dem Festival zu haben.
Von Pia Zehner