Kalipo
Kalipo
KW40 Album der Woche

Kalipo "Alles"

Seit über zwanzig Jahren steht Kalipo für elektronische Musik mit Bedeutung. Sein neues Album Alles ist sowohl künstlerisch als auch emotional zu seinen bisher stärksten zählt.

Der Münchner Musiker und Produzent, der mit bürgerlichem Namen Jakob Häglsperger heißt, hat als Mitbegründer der legendären Electro-Punk-Band Frittenbude längst deutsche Musikgeschichte geschrieben. Nach Projekten wie dem Dark-Disco-Trio Dina Summer und zahlreichen Soloveröffentlichungen erscheint nun sein fünftes Studioalbum Alles.  

Veröffentlicht wurde Alles am 19. September 2025 auf dem Berliner Label Iptamenos Discos, das von Local Suicide gegründet wurde und sich als feste Größe in der internationalen Dark-Disco-Szene etabliert hat. Schon der Albumtitel deutet darauf hin, dass es hier um mehr als eine kleine Geste geht. Kalipo taucht ein in alles, was das Leben zwischen Euphorie und Absturz, Nähe und Isolation, Liebe, Verlust und Aufbruch ausmacht.  

Musikalisch bewegt sich Kalipo dabei zwischen dunkler Clubenergie, Indie-Songwriting und analoger Produktion. Er selbst bezeichnet seinen Stil als Psychedelic Disco Punk – ein Sound, der die Energie der Clubmusik mit der Haltung des Punk und der emotionalen Tiefe klassischer Songstrukturen verbindet. Stilistisch finden sich Einflüsse aus Dark Disco, Post-Punk, EBM, Indie Sleaze, Techno und Electroclash.  

Der Titeltrack Alles eröffnet das Album und bringt seinen Character auf den Punkt: düster, treibend und zugleich hoffnungsvoll. "Und die Angst, die du in deinem Herzen trägst, hast du heut verloren? Es kann alles passieren." Diese Zeile zieht sich wie ein roter Faden durch die Platte, als Einladung, sich dem Moment hinzugeben und den eigenen Neuanfang zu wagen. 

Thematisch kreist das Album um Aufbruch, Selbstzweifel, Depression, Lust, Liebe und gesellschaftliche Rollenbilder. Besonders auffällig ist Kalipos Abkehr von überholten Männlichkeitsidealen. Das Album bricht mit klassischen Vorstellungen von Männlichkeit und setzt stattdessen auf Ehrlichkeit und Offenheit. 

Kalipo - Alles
Kalipo - Alles

Musikalisch reicht das Spektrum von Songs wie Crimson Rain, das mit markanten Drums und schwebenden Gitarren einen fast hymnischen Charakter bekommt, bis zu Geister oder All Things Must Come To An End, die eher introspektiv wirken. Tracks wie Sparkling Tears, Deine Worte und My Laboratory holen die Hörerinnen und Hörer dagegen direkt zurück auf die Tanzfläche. Vantablack, das einzige Feature des Albums, entstand gemeinsam mit der Sängerin Nina Nails und gehört zu den atmosphärisch intensivsten Momenten der Platte.  

Alles ist damit ein Album über Transformation, über den Mut, Dinge loszulassen und Neues zuzulassen. Trotz seiner düsteren Grundstimmung strahlt es Stärke und Zuversicht aus. Kalipo gelingt es, elektronische Musik als emotionale Sprache zu nutzen. 

Wie Mark Twain einmal schrieb: "History doesn’t repeat itself, but it often rhymes." Kalipo macht diesen Reim hörbar. So wie Songs der Achtzigerjahre ein Gegenentwurf zur Schwere ihrer Zeit waren, sucht auch Alles nach einem Ausdruck für das Jetzt. Musik als Bewegung, als Haltung, als Einladung zum Kontrollverlust und als Erinnerung daran, dass im Schweren immer auch Leichtigkeit stecken kann. 

Tracklist Chorophobia 

  1. CHOROPHOBIA  
  2. MOVING ON  
  3. MOVEMENT 
  4. JUST FRIENDS 
  5. HEAD FIRST 
  6. DOPAMINE 
  7. THIS IS… 
  8. BETTER 
  9. OPEN UP THAT DOOR 
  10. MERCATOR 
  11. FREE