Jamie xx "In Waves"
Fast ein Jahrzehnt hat sich Jamie xx seit Veröffentlichung seines Solodebüts Zeit
gelassen. Der Londoner zählt mit seiner Band The xx zu den prägendsten Figuren der jüngeren Musikgeschichte.
Fast ein Jahrzehnt hat sich Jamie xx seit Veröffentlichung seines Solodebüts Zeit
gelassen. Der Londoner zählt mit seiner Band The xx zu den prägendsten Figuren der jüngeren Musikgeschichte.
“In Waves” hat seinen Ursprung in einem Mix, den Jamie 2020 für BBC Radio 1 machte. Hier tauchten neben Tracks der aktuellen Generation an UK-Dancemusic auch diverse musikalische Helden auf, etwa Roy Ayers, Fela Kuti, Tom Zé oder Philip Glass. Auch erste Versionen von Songs, die nun auf dem Album erscheinen werden, waren zu hören. “Es erinnerte mich daran, warum ich diese Musik liebe“, so Jamie, der zuvor lange mit der Frage gehadert hatte, wie es für ihn weitergehen würde. “Ich fand einfach Spaß am kreativen Prozess, ohne dabei an ein Ergebnis zu denken.“
Etwa zu dieser Zeit, noch mitten im Lockdown, fand auch eine Reihe illegaler Raves auf Frachtern und Booten im Londoner Stadtteil Hackney statt. Da war nichts, was man während der Woche tun konnte und weil es sich eh anfühlte, als könne es mit der Welt nun jederzeit zu Ende gehen, gab es auch keinerlei Gedanken an irgendwelche künftigen Verbindlichkeiten, nur das flüchtige Glück des Augenblicks. Es erinnerte an die hedonistische Unbekümmertheit der klassischen Rave-Ära. Genau diesen Zustand der Transzendenzherauszudestillieren und neu zu erschaffen war die Herausforderung.
Jamie xx pflügt auf „In Waves“ durch die Subgenres und Dekaden und fügt Northern Soul, Disco, Garage, Acid House, Techno, Tropicalia. Hip-Hop, Funk und den Sound der UK-Underground Pirate Radios zusammen. Die kleinen Momente sind dabei so eindrucksvoll wie das übergreifende Ganze. Etwa jener Part bei “Treat Each Other Right“, der parallel zum Album-Announcement erschienenen Single: Zunächst wird man herausgerissen aus dem breiten Breakbeat-meets-Future-Soul-Vehikel, um sich mit den gepitchten Motown-Vocals plötzlich im Mittelwellenradio der 60er wiederzufinden.
Die Worte “I’ll never let you down“ werden in die Ewigkeit gezogen, bevor ein biepender Puls über atmosphärischen Synths einsetzt und man direkt zurückgeführt wird in die schweißnasse Katharsis des Dancefloors. Im Zeitalter der Algorithmen ist “In Waves” Zeugnis für pure menschliche Empfindung, ein lebensbejahendes Gegengift, das über den Kopfhörer in eine andere Dimension führt und zugleich gemeinsam auf der Tanzfläche erlebt werden will. Mit dabei sind u. a. Romy und Oliver, The Avalanches, Robyn und John Glacier.